Wohnheim

Freitag, 14.04.2017

Tatsächlich habe ich einen Platz im Wohnheim der Uniwersytet Jagiełłonski (UJ) „Piast“! Die Plätze sind limitiert und mir wurden wenige Hoffnungen gemacht, da ich ja nur drei Monate hier bin. Aber scheinbar gibt es bei den Plätzen größere Fluktuationen, weshalb viele nicht für das ganze Semester belegt sind.

Noch in Deutschland haben mich Erasmus-Alumni gewarnt, die Wohnheime seien weit ab vom Schuss und neben den üblichen Wohnheim-Umständen (laut bzw. hellhörig, alt und schmutzig) müsse man sich noch ein Zimmer zu zweit teilen! Aber ich bin neugierig auf die Wohnheimserfahrung, die ich in meinem Studium bisher nicht bzw. nur stellvertretend über Freunde gemacht habe und außerdem sehr dankbar, mich bei meiner Ankunft erstmal um nichts kümmern zu müssen. Unschlagbar ist außerdem der Preis: zł380,- (~ €90,-) im Monat und groß anders als das Johanneskolleg in München (JoKo) wird es schon kaum sein ;)

Bei der Ankunft am Montag (10.04.) war ich positiv überrascht: Innerhalb kurzer Zeit hatte ich ein Zimmer, Bettzeug (d.h. Decken, Kissen, Bezüge und Laken), eine Nachttischlampe und ein LAN-Kabel, einen Wohnheimsausweis und einen Schlüssel erhalten. Das Zimmer im zweiten Stock teile ich mir mit einer spanischen Erasmusstudentin (Andrea), die aber gerade über Ostern auf Heimaturlaub ist – ich habe also erstmal ein bisschen Zeit für mich, um mich einzufinden. Nebenan, d.h. in dem Zimmer mit dem wir uns Flur, Bad (oder besser Nasszelle^^) und Balkon (nach Osten) teilen, wohnen Zheni, Erasmusstudentin aus Sofia in Bulgarien, und Ola, eine ungarische Vollzeitstudentin. Dank Ola haben wir auch einen Wäscheständer, einen Kühlschrank (der den meisten Platz in unserem kleinen Flur einnimmt) und eine kleine Ausstattung an Geschirr. Die Küche für den ganzen Flur habe ich noch nicht gesehen, und gerüchteweise gibt es im obersten, siebten Stockwerk auch eine Bibliothek. Das Wohnheim ist zudem ein studentengeführtes Hotel, dessen Zimmer im ersten Stock sind, ein Doppelzimmer für zł45,- pro Nacht. Außerdem gibt es im Erdgeschoss eine Kantine, die Mittagessen für zł13,- anbietet, sowie einen Bankautomat, eine Post, einen Friseur, Drucker, ein Café/Bar, einen kleinen Schreibwarenladen und auch einen Waschsalon, den ich noch ausfindig machen muss. Gleich nebenan sind mehrere andere Studentenwohnheime, ein Supermarkt (Biedronka, der mit dem Marienkäfer), eine Bushaltestelle mit einer Miet-Fahrradstation und eine Bäckerei. Ich bin also rundum versorgt und ziemlich zufrieden.Zheni, die etwas in der Richtung Journalismus/PR studiert, hat mich gleich sehr nett aufgenommen und ist wirklich sehr sympathisch! Als später am Tag Ola, die sehr lustig ist, nach Hause kam, wurde erstmal eine kleine Shisha aufgebaut und es war insgesamt sehr nett. Die beiden sind 19 bzw. 20 Jahre alt, ich bin also der alte Hase ;) Mein Zimmer werde ich wahrscheinlich nochmal richtig einrichten, wenn Andrea wieder zurück ist, dann möchte ich auch Bilder hochladen. Heute, am Freitag (14.04.), mussten wir das Wohnheim von 08:00 – 14:00 Uhr verlassen und unsere Sachen verräumen, da das ganze Gebäude mit „Entwesungsmittel“ (disinfestation??) behandelt wird. Ich bin versucht, rauszufinden, was da versprüht wird und die Gefährdung mit meinen umweltmedizinischen Kenntnissen (*hust*) einzuschätzen :D

Update: Wir zweifeln an, dass überhaupt irgendetwas versprüht wurde, denn alles sieht ziemlich unangetastet aus. Naja, dafür haben wir halt ein bisschen aufgeräumt ;)

Uniwersytet Jagielloński und Jagiellonian University Medical College

Freitag, 14.04.2017

Die UJ ist die älteste Universität Polens (gegründet 1364 - LMU 1472) und hat anscheinend einen sehr guten Ruf! Dieses Semester sind über 40000 Studenten eingeschrieben (LMU - 50000). Der historische Campus ist innerhalb der Altstadt gelegen, aber natürlich gibt es noch andere Standorte: in der ul. Krupnicza liegt das moderne Audimax. Das ist auch die Richtung, in der die Bibliothek und später dann mein Wohnheim liegen. Auf der anderen Seite der Altstadt – aber immer noch in Laufweite – gibt es einen medizinischen Campus (sehr passend, finde ich, in der Straße Mikołaja Kopernika). Im didaktischen Institut in der Nähe hatte ich schon meinen ersten Kurs. Andere Standorte der medizinischen Fakultät sind teilweise sehr weit außerhalb (etwa wie Großhadern zu München) und in verschiedenen Kliniken.
An der UJ kann man viele Studiengänge auf Englisch absolvieren, für Medizin gibt es sogar zwei Angebote. Davon richten sich das vierjährige Programm (M4) v.a. an US-Amerikaner mit einem College-Abschluss und das sechsjährige (M6) an "Abiturienten", v.a. Norweger (600 sollen es in Krakau etwa sein). Die englischsprachigen Programme sind ziemlich teuer (€13000/Jahr), aber zumindest vom „amerikanischen“ vier-Jahres-Programm habe ich gehört, dass es wirklich gut sein soll!


Ankommen und Formalitäten
Am Montag (10.04.) ist es mir mit Händen und Füßen gelungen, die Gebühr für meinen Studentenausweis in der Post einzuzahlen. Anschließend habe ich mich erst im allgemeinen Internationalen Referat und schließlich beim JU Medical College angemeldet. Seit Donnerstag (13.04.) habe ich auch einen Studentenausweis und konnte mir ein Monatsticket kaufen.

Mit den Norwegern, also aus M6, habe ich jetzt „Laboratory Training of Clinical Skills“ (LTCS). Darin geht es um schwierige Gesprächssituationen, die mit Schauspielpatienten simuliert werden. Dazu hatten wir an der LMU auch einmal die Gelegenheit, aber jede weitere Übung tut gut, v.a. auf Englisch. Das halte ich also für einen guten Einstieg!

Die Norweger haben mich gleich nett begrüßt und sich vorgestellt, mehr hat sich daraus aber noch nicht ergeben. Jetzt, also ab Donnerstag (13.04.), sind die meisten über Ostern nach Hause gefahren und auch ich habe eine Woche frei (bis zum 23.04.).

Den gesamten Mai belege ich Neurologie aus M4. Dazu kommen die Dozenten Ralph F. Józefowicz MD und Jeffrey M. Lyness MD extra von der University of Rochester in den USA angereist, und auch die Unterlagen sowie Prüfungen sind original US-amerikanisch. Für zł40,- habe ich das Skript erhalten und bin gespannt, was da auf mich zukommt. „Intense“ trifft es wohl ganz gut: Jeden Tag von 08:30-15:30 Uhr Vorlesungen, klinische Konferenzen, Fallstudien und Unterricht am Krankenbett!


Im Juni belege ich noch HNO aus M6 und für Ende Juni/Anfang Juli habe ich noch darum gebeten, zwei Wochen Blockpraktikum Pädiatrie machen zu dürfen (Dermatologie oder plastische Chirurgie, was mich auch interessiert hätte, geht wohl nicht). Ich hoffe, dass das klappt!


Erasmus Student Network (ESN)
Viele Erasmus-Studenten kommen jedes Jahr hierher, sodass sich eine aktive Studentenvereinigung gegründet hat, die sich um die Erasmus-Studenten kümmert (in München machen das übrigens MESA und TUMi). Die Orientierungswoche habe ich leider verpasst, aber noch von daheim habe ich mich für ein Mentoring-Programm angemeldet und Karolina zugeteilt bekommen. Sie studiert Jura an der UJ im ersten Jahr und spricht beinahe perfekt deutsch - ich bin richtig beeindruckt! Am Donnerstag (13.04.) haben wir uns auf einen Kaffee getroffen und uns sehr nett unterhalten. Auch schon von Deutschland aus waren wir in Kontakt und sie hat mir bei jeder Frage gleich geholfen.

ESN organisiert außerdem Veranstaltungen, wie z.B. eine „Tandem-Party“ jeden Montag, Ausflüge, Sport u.ä. Gleich am Sonntag (09.04.) war ich darüber in der Galerie in den Tuchhallen (Skuiennice), einer Abteilung des Nationalmuseums mit polnischer Kunst, und gestern (Donnerstag, 13.04.) im historischen Rynek-Museum, das unter dem Marktplatz die mittelalterlichen Ausgrabungsfunde und die Geschichte der Stadt zeigt. Lustigerweise waren teilweise die gleichen Teilnehmer dabei, Studentinnen aus Tschechien, Rumänien, Kroatien und China habe ich schon gesprochen.

Polnisch

Samstag, 15.04.2017

Wer schon mal Kontakt zu einer slawischen Sprache hatte, den werden die Unwägbarkeiten der polnischen Sprache nicht total überraschen – ich aber bin im vergangenen Wintersemester mit keinerlei Vorstellungen, geschweige denn Vorkenntnissen, in den Polnisch-Kurs an der LMU gegangen.
Generell fand ich es cool, eine neue Sprache von Anfang an zu lernen. Seit der Schule hatte ich v.a. versucht, meine Schul-Sprachkenntnisse auszubauen bzw. zu erhalten. Weiterhin ist es natürlich wahnsinnig spannend, über die Sprache Einblicke in eine andere Kultur zu erhalten. Beispielsweise haben wir gleich am Anfang gelernt, dass man sich in Polen üblicherweise erst duzt, wenn man sich wirklich gut kennt und sich stattdessen mit Anrede und Vornamen anspricht. „Pani Anna“, also "Frau Anna", wäre das dann bei mir, oder mit einer Verkleinerungs-/Koseform des Vornamens (was witzigerweise nicht zu informell ist).


Dann ging es richtig los mit den Besonderheiten der polnischen Sprache:

  • es gibt nasale Sonderlaute (mit ähnlicher Aussprache wie im Französischen): ą, ę
  • Konsonanten werden in weich, hart und historisch weich oder verhärtet unterschieden und gerne in langer Reihe aneinander gestellt, bis es zischt: z.B. bei szczęśliwy (gücklich) – ich werde mich noch auf die Suche nach der längsten Konsonantenfolge machen, die mir begegnet ;)
  • alles wird dekliniert, also auch Eigennamen, und natürlich gibt es mehr als vier Fälle, sowie grammatikalische Unterscheidungen in Kategorien wie „belebt“ und „nicht belebt“
  • …u.v.m.


Auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass ich Polnisch später in meinem Leben oft einsetzen muss, gibt es keine bessere Gelegenheit, der Sprache näher zu kommen, als wenn man sich in dem Land selbst aufhält. Außerdem ist es immer wieder unangenehm, im Alltag einfach nichts zu verstehen^^


Ich habe also das Polnisch-Buch aus dem Uni-Kurs mitgebracht und mich beim Goethe-Institut für zwei Sprachtandems angemeldet. Patrycja hat Politikwissenschaften und Literatur studiert und arbeitet jetzt bei einem Radio in Krakau, sie habe ich noch nicht getroffen. Tomasz habe ich schon kennen gelernt: er kommt aus Krakau, studiert auch Medizin an der UJ und wird im September die Prüfung ablegen, die in etwa dem deutschen zweiten Staatsexamen entspricht. Er hat schon in der Schule Deutsch gelernt und könnte sich vorstellen, seine Facharztausbildung in Deutschland zu machen.
Tomasz hat mir gleich eine Packung Karteikarten mitgebracht, mit denen er Deutsch gelernt hat, damit ich üben kann ;) Wir haben die meiste Zeit deutsch gesprochen, meine zwei polnischen Sätze waren schnell gesagt^^ Gleich im Anschluss habe ich mir duolingo herunter geladen, eine App zum Sprachen lernen. Mal gucken, wie weit ich damit komme.

Powodzenia!

P.S.: Ich habe Google-Translate wirklich sehr zu schätzen gelernt und bin erstaunt, wie gut es funktioniert - auch für ganze Webseiten!

Update: Ich habe Ricarda aus Hannover kennen gelernt, die seit vier Jahren in Polen lebt und jetzt langsam sagen würde, dass sie flüssig sprechen kann. Ich werde in meiner Zeit hier also wahrscheinlich nur an der Oberfläche kratzen. Dobre!

Musik

Montag, 17.04.2017

Beim monatelangen Lernen auf das Staatsexamen habe ich kaum Musik gehört, da meine Aufnahmefähigkeit einfach erschöpft war. Erst als ich nach dem zweiten Examenstag bewusst ein Musikstück ausgesucht und angehört habe, um runterzukommen, ist mir aufgefallen, wie sehr das mir gefehlt hat. Deswegen bin ich umso glücklicher, dass ich hier in Krakau wieder mehr Zeit und Gelegenheit habe, mich damit zu beschäftigen.

Als erstes habe ich allerdings eine Podcast-App auf meinem Handy eingerichtet und die neueste Produktion von den Machern von Serial heruntergeladen. S-Town hat mich noch nicht wirklich überzeugt, aber zumindest dem Südstaaten-Akzent der Leute zuzuhören, macht Spaß :D Ich werde mich noch weiter umschauen, Empfehlungen habe ich von Stephan und hier und hier und hier. Stephan ist ebenfalls Erasmus-Student am JU Medical College, studiert wie ich in München Medizin und  ist auch bei MeCuM-Mentor aktiv, woher wir uns schon vorher gekannt haben.

Dann habe ich basierend auf den Empfehlungen meines Reiseführers Krakauer Künstler auf Spotify gesucht (wobei es nicht alles gibt) und schnell eine grobe Playlist erstellt, die ich mir in der nächsten Zeit anhören möchte.

Als quasi perfekten Einstieg in meine Zeit in Krakau hat mich Stephan am Dienstag (11.04.) zu einem Konzert von einer Band von norwegischen Medizinstudenten mitgenommen, die er kannte. Als wir ankamen, stellte sich heraus, dass die ganze Bar voller Norweger war, die auf den Beginn des Auftritts warteten, auch Kommilitonen aus meinem ersten Kurs habe ich wieder getroffen. Die Band besteht schon lange und ist erst als Rockband, zwischendurch als Indieband und nun zum ersten Mal mit Elektropop aufgetreten, was sich aus gemeinsamen Jam-Sessions entwickelt hatte. Es war richtig gut! Auch die ganze Bühnen-Show war durchdacht, mit Videos und Nebelmaschine, und die Stimmung war einfach genial. Im Anschluss legte ein DJ, auch Medizinstudent, mit Vinyl funky Tanzmusik auf. Ich bin total begeistert und beeindruckt, was manche Leute neben ihrem Studium auf die Beine stellen.

Am Freitag (14.04.) bin ich mit Zheni abends in einen Jazzclub gegangen, die mir Stephan empfohlen hatte. Man sitzt in kleinen Sitzgruppen um niedrige Tische während auf der Bühne Pianist, Bassist, Schlagzeuger und Saxophonist Livemusik darbieten. Manchmal trat hier wohl auch der international bekannte Krakauer Saxophonist Janusz Muniak, dem der Club gehörte, selbst auf. An unserem Tisch saßen noch zwei Niederländer, die ziemlich erstaunt waren, wie weit sie den Altersdurchschnitt hoben. Und tatsächlich, wenn man sich umschaute sah man lauter junge Leute, die zwischendurch auch tanzten. Ich habe mitgehört, dass ein Gruppe wohl einen der Musiker kannte, aber auch ansonsten ist Jazz in Krakau anscheinend keine Altherrenmusik – das liegt vielleicht an den erschwinglichen Preisen, dem ubiquitären Angebot und dem Erfolg von La La Land ;)

 

Es war ein sehr schöner Abend. Meine Mutter hat mir dann erzählt, dass sie 1990 in Prag auch in genau so einem Jazz-Keller saß :D

 

Wer mich kennt, wird schmunzeln: Natürlich habe ich sofort nach meiner Ankunft in Krakau angefangen, Flyer und Programmhefte einzusammeln und Plakate abzufotografieren ;)

So habe ich gesehen, dass am Ostersonntag (16.04.) abends im neuen Kongresszentrum ein Konzert alter Passionsmusik  im Rahmen des Osterfestivals Misteria Paschalia stattfindet – und Studenten vergünstigte Karten bekommen können. Kurzentschlossen bin ich zur Abendkasse gegangen und habe noch einen guten Platz ergattert :)

 

Das Konzert war der Hammer! Ich kann mich nicht erinnern, schon öfter Barockmusik gehört zu haben, deswegen fand ich es umso spannender mehrere Fagotte, Blockflöten, ein Cembalo und eine Laute (?) in dem außerdem relativ kleinen Orchester zu hören. Die Stücke stammten vom Versailler Hof Ludwig des Vierzehnten, wo Lalande sie für die täglichen Messen komponiert hat und wurden weltweit zum ersten Mal aufgeführt. Es war sehr abwechslungsreich und teilweise passend feierlich-österlich. Der Dirigent Vincent Dumestre war ob des begeisterten Applauses bewegt und hat zwei Zugaben gegeben - eine davon war, glaube ich, ein sehr schöner polnischer Kanon.

Im Anschluss habe ich mich einem kleinen Kulturschock ausgesetzt und bin zu Zheni in eine Karaoke-Bar gegangen. In dem verrauchten Raum wurde v.a. polnische Rockmusik gesungen und es waren sehr nette Leute dabei.

Vielleicht bin ich momentan einfach von allem begeistert, weil es so befreiend ist, das Staatsexamen hinter sich gebracht zu haben und außerdem diese neue Stadt mit so vielen Möglichkeiten vor mir liegt, die es zu erkunden gilt.

Von mir aus kann es gerne so weiter gehen :D

Update: Hier gibts ein Video zu dem Misteria-Paschalia-Konzert.

Ostern

Dienstag, 18.04.2017

Polen ist ein katholisch geprägtes Land, sodass für Ostern viele Feierlichkeiten und Traditionen existieren. Hier gibt es einen kleinen Überblick.
Als ich am Palmsonntag (09.04.) über den Rynek (Marktplatz) schlenderte, konnte ich den Verkauf und die Segnung von bunten Palmzweigen beobachten. Über die ganze Karwoche hinweg fand dort auch ein Ostermarkt statt, auf dem es neben allerlei Essbaren wie z.B. gegrilltem Oscypek (Räucherkäse) mit Preiselbeermarmelade, Pierogi (ähnlich wie Maultaschen), Suppen und Lebkuchen in allen Farben und Formen auch kunstvoll bemalte Holzeier und anderes Handwerkzeug zu kaufen gab. Ich habe die Gelegenheit genutzt, um in meinem Wohnheimszimmer für etwas österliche Stimmung zu sorgen.

    
Leider ist das Aprilwetter gerade sehr wechselhaft und dabei v.a. regnerisch und kalt. Am Ostermontag, dem Emmaus-Tag (Śmigus Dyngus), bin ich mit Zheni trotzdem einmal über das kleine Emaus-Volksfest geschlendert. Von der Tradition, sich gegenseitig mit Wasser zu taufen, haben wir aber – vielleicht wegen des schlechten Wetters – nichts mitbekommen. Dafür haben wir bunte Zuckerwatte (wata cukrowa) und süße Kringel, die es aufgefädelt an einer Schnur zu kaufen gab, genascht und uns die hölzernen Juden-Figuren angeguckt, die man am Emmaus-Tag kaufen sollte, um im kommenden Jahr Glück zu haben.

Spaß und Spiele

Dienstag, 02.05.2017

Schon sind zwei Wochen seit meinem letzten Blogeintrag vergangen! Es war mir allerdings von Anfang an klar, dass ich es wohl nicht schaffen werde, hier regelmäßig und ausführlich zu schreiben – maximal eins von beidem ;)

Die Woche nach Ostern war leider genauso kalt und verregnet wie die Feiertage selbst. Daher hat es ganz gut gepasst, dass ich einige Zeit damit verbracht habe, mich auf die KrakMUN 2017 vorzubereiten (mehr dazu in einem anderen Eintrag).

Mit Zheni und anderen Leuten, die in der Karaoke-Bar waren, habe ich Krakaus Spiele-Bars unsicher gemacht. Es gibt hier einige Lokale, die verschiedene Karten- und Brettspiele sowie Spielkonsolen bereithalten und dazu Snacks und Getränke verkaufen. Zufälligerweise waren Zheni und ich am Ostermontag bei der Suche nach einem Café zum Aufwärmen schon ins Indalo gestolpert, wo wir dann einige Runden UNO gespielt haben. Am Dienstag nahm Łukasz uns und Mathilde aus Frankreich mit in die BarON, wo wir erst Carcasonne gespielt haben und es dann mit Rockband versucht haben, was schwerer war, als ich es in Erinnerung hatte. Wohl weil so wenig Gäste da waren, schloss das Lokal früher und wir zogen weiter in eine andere Bar mit demselben Konzept, wo wir dann Just Dance probiert haben. Gleich am nächsten Tag sind wir abermals zum Spielen in die Bar Airy Fairy gegangen, wo es wirklich leckeres japanisches Essen gibt (eher Streetfood als aufwändige Gerichte), und haben Zug um Zug gespielt. Im Anschluss waren wir noch für einen späten Imbiss in der Hering-Botschaft, wo es allerlei Fisch zu essen und auch an den Wänden gibt:

Am Dienstag habe ich Andrea kennen gelernt, die aus ihrem Heimaturlaub zurückgekommen ist. Sie ist total sympathisch und ich bin sehr froh, sie als Zimmergenossin zu haben. Donnerstagabend sind wir alle zusammen ausgegangen, erst in Bania Luka, dann im Teatro Cubano und wannanders in Pijalnia. Dabei habe ich auch eine Gruppe anderer Austauschstudenten aus unserem Wohnheim kennengelernt, allgemein als die türkische Mafia bekannt ;) Samstagabend hat es eine spanische Erasmusstudentin in Piast irgendwie geschafft, 20 Leute in ihr Wohnheimszimmer zu quetschen und dort eine kleine Feier veranstaltet.

Hier ist wirklich dauernd etwas los. Laut einer Krakauer Redewendung wird in Warschau das ganze Jahr gearbeitet, in Krakau nur im Winter – den Rest des Jahres wird gefeiert (sagt mein Reiseführer).

Bestimmt tragen die vielen Studenten, die ca. 20% der Stadtbevölkerung ausmachen, ihren Teil dazu bei. Man merkt außerdem, dass man in einer Studentenstadt ist: In fast jedem Café, jeder Kneipe sitzt jemand über einem Buch oder arbeitet an einem Laptop. Das ist mir in München nie so aufgefallen und das finde ich total schön – eine anregende Atmosphäre!

Am Samstag (22.04.) war ich in Kazimierz unterwegs, Krakaus jüdischem Viertel, das ursprünglich als eigene Stadt im 14. Jahundert ein Geschenk von König Kazimierz an die Juden war. Das jüdische Museum, dessen Ausstellung ich schon vor einer Woche gesehen hatte, veranstaltete einen „slow art day“ mit einer Führung durch Kazimierz‘ Straßenkunst und einem Patchwork-Workshop. Dort waren einige internationale Studenten dabei, was sehr nett war.

Der Schöpfer der Glocke (BLU) hat auch schon in München gearbeitet ;). Ganz bekannt ist das "Mural" der Broken Fingaz in Kazimierz, von dem ich selbst aber kein gutes Foto hinbekommen habe. Die beiden Porträts zeigen Persönlichkeiten, die mit der Gründung Kazimierz' zu tun hatten.

Am nächsten Tag war ich mit Zheni, Łukasz und Mathilde erst auf einem „Art & Food Bazar“, der wohl wegen des Schnees kaum besucht war. Auch wir haben es dort nicht lange ausgehalten und sind schnell in ein Schokoladen-Café geflüchtet. Als wir weitergingen, herrschte schon wieder strahlender Sonnenschein – verrückt, dieses Aprilwetter. Wir landeten schließlich im Forum Przestrzenie, wo ein Retro- und Vintage-Markt stattfand und ich eine Tasse gekauft habe, um unsere Wohnheimsausstattung zu erweitern.

Webcams und andere Tipps und Hinweise

Dienstag, 02.05.2017

Nur ganz kurz wollte ich die Information weitergeben, die ich gerade entdeckt habe: Es gibt einige Webcams von der Stadt Krakau. Da könnt Ihr live mitverfolgen, dass zur Zeit eigentlich nur regnet und trotzdem immer viele Besucher unterwegs sind.

Der Hauptplatz (Rynek) mit den Tuchhallen (Sukiennice), eine belebte Kreuzung und Straße der Altstadt und die Königsburg Wawel.

Hier ein deutschsprachiges Nachrichtenportal zu Polen und hier eine redaktionelle Auswahl von deutsch- und englischsprachiger Berichterstattung zu Osteuropa.

Besser spät als nie

Dienstag, 13.06.2017

Ein Freund hat es schon passend formuliert: Dein Blog liest sich, als seist Du grad gut beschäftigt ;) :D
Recht hat er! Jetzt aber hole ich ein bisschen nach, was ich im letzten Monat nicht geschafft habe.

Model United Nations (MUN)

Dienstag, 13.06.2017

Seit ich 2013/14 mit MUNAM in die Welt der internationalen Politik eingetaucht bin und an Simulationen der Vereinten Nationen teilgenommen habe, hatte ich den Gedanken im Hinterkopf, das noch einmal zu machen. Und wieso nicht im Erasmus-Semester?
Ich habe mich also bei den Krak MUN beworben und konnte dann sogar noch der Delegation der Jagiellonen-Universität beitreten. Als Volksrepublik China vertrat ich vom 28.-30. April chinesische Wirtschaftsinteressen in der G20. Schon bei der Eröffnungszeremonie hatte mich die MUN-Begeisterung wieder gepackt und ich hatte in den folgenden Tagen großen Spaß daran, Reden zu halten, zu diskutieren und Communiqués zu den beiden Themen Digitalisierung und Nahrungsmittelsicherheit auszuarbeiten. Hier ein kleiner Eintrag darüber auf der MUNAM-facebook-Seite.

Natürlich kommt bei so einer Konferenz der soziale Aspekt nicht zu kurz und ich habe viele sympathische Leute kennen gelernt – v.a. Polen, aber auch Deutsche, Briten, Türken, Ägypter etc.


Bei noch mehr Interesse: In der SZ stand vor ner Weile ein interessanter Artikel zu dem Thema (online nur gekürzt verfügbar).

Besuch aus der Heimat!

Dienstag, 13.06.2017

Anfang Mai waren sowohl Franzi und Anja, Münchner Erasmus-Alumnae von letztem Jahr, nochmal nach Krakau zurückgekehrt als auch meine „Kaluppen“ für ein Wochenende zu Besuch.
Letztere hatten leider Pech und standen auf der Hinfahrt lange im Stau. Trotzdem haben wir es noch geschafft, am Freitagabend ein bisschen die Feierkultur zu kosten. Am Samstag waren wir erst zusammen frühstücken und dann in der Universitätssammlung der JU, die von historischen Instrumenten von Kopernikus bis zu einem Brief von Neill Armstrong Forschung über Jahrhunderte umspannt.

Anschließend haben wir trotz Regenwetter 2,5h auf der free walking tour verbracht und wurden dafür wir mit interessanten Fakten und einem guten Überblick zu Krakau belohnt. Abends haben wir uns durch Pierogi mit verschiedensten Füllungen probiert und waren noch in einem Jazz-Konzert.


Franzi und Anja haben noch längere Zeit in Krakau nostalgisch geschwelgt, mich mit in verschiedene Cafés und Bars genommen und noch mehr gute Tipps für meine weitere Zeit gegeben.

Norweger in Krakau

Dienstag, 13.06.2017

Ich hatte schon erwähnt, dass im 6-Jahres-Programm des JU Medical College v.a. Norweger studieren. Die sind in dem Verein „Copernica“ sehr gut organisiert und stellen unglaublich viele Aktionen auf die Beine!

Am ersten Mai-Wochenende fand in Krakau ein Treffen von norwegischen Studentenchören statt, und CoperniChoir hat am ersten Abend ein Konzert organisiert (kein Chorkonzert, wohl gemerkt), das öffentlich war. Dort bin ich mit einigen anderen Medizinstudenten hingegangen, was sehr schön war ? Die Warschauer Frauen-Cover-Band Angry Pops hat eine super Stimmung verbreitet, und die nun schon bekannten norwegischen Elektro-Künstler haben mal wieder sehr beeindruckt :D

Was noch für Talente in den Medizinstudenten hier schlummern habe ich bei einem Talentwettbewerb „Copernica’s got talent“ und bei einem PubQuiz feststellen können. Beides war ein großer Spaß! Es ist echt begeisternd, wie viel Engagement hier an den Tag gelegt wird und was für eine schöne Gemeinschaft darüber entsteht. Es ist natürlich nochmal ein anderes Gefühl in einer Stadt, wo selbst ich schon bekannten Gesichtern über den Weg laufe und ein Jahrgang nur ca. 80 Studenten umfasst.


Inzwischen war ich schon zweimal bei CoperniYoga und konnte zweimal beim Beachvolleyball-Training von CoperniBall mitmachen. Darüber hat es sich ergeben, dass ich ein Team für das Beachvolleyball-Turnier im Rahmen eines Musikfestivals der Norweger gefunden habe. Zusammen mit Anna und Bjørn haben wir es als „Cross Border Beachers“ sogar aus der Gruppenphase ins Viertelfinale geschafft, sind dann aber rechtzeitig rausgeflogen, um die ersten Künstler-Auftritte am Strand des Baggersees Kryspinów nicht zu verpassen. Kurz danach fing es leider an, heftig zu gewittern, und wir sind in eine Holzhütte umgezogen.


Der Höhepunkt der norwegischen Feierlichkeiten war allerdings der 17. Mai. Der Nationalfeiertag wurde mit einem Sektfrühstück begonnen, dann ging es in einer Parade mit traditionellen Trachten auf den Rynek (Hauptplatz) und weiter bis zum Königsschloss Wawel. Dort bin ich dann aus der Uni dazu gestoßen und habe den ersten richtig schönen Sommertag auf einer Bootsfahrt auf der Weichsel und später in einem Schloss im Krakauer Stadtwald verbracht. Mit Live-Jazzband, Buffet, Feuerwerk und Blick über die Weichsel war es wirklich ein einmaliges Erlebnis.

Studentenleben

Dienstag, 13.06.2017

Auch die andern Krakauer Studenten lassen sich nicht lumpen und bereichern das Stadtleben. Mitte Mai wurde der Bereich, in dem mein Wohnheim steht, zu einem großen Feier-Areal (ähnlich wie das StuStaCulum in München). Während der Juwenalia-Festspiele gibt es von jeder Uni aus jeden Abend mindestens zwei Konzerte, d.h. überall ist etwas geboten und die Stimmung ist großartig.


ESN ist außerdem weiterhin sehr aktiv. Ich bin mit Ihnen zum Meeresauge „Morskie Oko“, einem Gletschersee in der hohen Tatra gewandert. Leider hatten wir Pech mit dem Wetter, denn es hat aus tiefhängenden Wolken geregnet und der See war noch teilweise zugefroren und von Schnee umgeben. Trotzdem war es ein schöner Ausflug in die Natur.

Sommerlicher war es Anfang Juni bei der Fahrt nach Szczawnica. Dort sind wir an der Grenze zur Slowakei entlang zum Einstiegsort für eine Floßfahrt auf dem Dunajec gewandert, von wo aus wir 2h durch majestätische Landschaft im Nationalpark Pieniny geschippert wurden.


Vergangenen Freitag hat ESN sogar schon eine Abschieds-Gala organisiert, für die wir auf einem Restaurant mit Dachterrasse waren – der Blick auf Wawel und Weichsel bei Vollmond war einfach unglaublich. Es gab Livemusik, einen DJ und eine gute Gelegenheit, viele Erasmus-Studenten nochmal zu sehen.

Stadtleben

Dienstag, 13.06.2017

Es ist unglaublich, was die Stadt alles bietet – es finden gefühlt zu keinem Zeitpunkt nicht mindestens zwei Festivals gleichzeitig statt. Hier Vollzeit zu studieren, stell ich mir herausfordernd vor o.O
Anfang Mai war ich im Rahmen des „Off Camera“ – Filmfests im Film „sztuka kochania“ über die polnische Aufklärerin Michalina Wislocka (auf polnisch mit englischen Untertiteln). Dann konnte ich kostenlos auf ein Konzert von Dillon aus Berlin, was war ein wirklich magischer Abend war. Trotz der zu dieser Zeit noch unfreundlichen Temperaturen habe ich beim Freiluftkino an der Weichsel ausgeharrt und unter dem Wawel den „Vorleser“ gesehen.


Anfang Juni wurde ich an gleicher Stelle Zeuge einer Drachenparade mit einem eindrucksvollen Feuerwerk.


Einen kleinen Eindruck von den verschiedenen polnischen Biersorten, die in kleinen Brauereien produziert werden, konnte ich auf dem Beerweek-Festival kriegen.


Im Rahmen der Israel-Tage des jüdischen Gemeindezentrums habe ich israelischen Wein verköstigt und zur 25-Jahr-Feier des Goethe-Instituts Krakau bei einer Silent Disco auf dem Rynek getanzt.

Am folgenden Wochenende war die lange Nacht der Synagogen, wo jede der sieben Synagogen Kazimierzs von 22.00 – 02:00 Uhr geöffnet hatte und verschiedenstes Programm geboten hat. Ich habe einen Lebensbaum in der Popper-Synagoge gebastelt und zu einem israelischen DJ in der Tempel-Synagoge getanzt, insgesamt waren 12000 Besucher unterwegs.

 

Zufälligerweise war die Synagogen-Nacht am ersten Tag des Ramadan und ich war vorher in meinem Wohnheim zu einem Iftar-Essen eingeladen. Das war eine tolle Atmosphäre!

Ach, und natürlich ist im mit Cafés gepflasterten Krakau auch zwischendurch Gelegenheit für israelischen Kaffee im Cheder oder ein feudales Frühstück im Mr. Pancake :) :P

Neurologie

Dienstag, 13.06.2017

Jetzt habe ich lange genug über das süße Erasmus-Leben erzählt – ich möchte nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht ;)
Anfang Mai begann der Neurologie-Kurs, den ich im 4-Jahres-Programm der Amerikaner belegt habe. Für vier Wochen ist Dr. Józefowicz mit anderen Dozenten, Assistenzärzten („Residents“) und Medizinstudenten von der University of Rochester in New York gekommen, um ein intensives Kursprogramm abzuhalten. Jeden Tag in „formal attire“ von 8:30 – 15:00 Uhr ausnahmslose Anwesenheitspflicht, in deren Anschluss dann noch Patientenfälle erarbeitet werden mussten. So bin ich oft erst gg. 17:00 Uhr aus der Klinik gekommen und musste bis zum nächsten Tag noch Berichte fertigstellen, Differentialdiagnosen recherchieren und den nächsten Tag vorbereiten. Ein Witz dabei, dass die Bibliotheken ihre Lesesäle schon um 19:00 Uhr schließen! So erklärt sich teilweise, wieso so viele Studenten in Cafés an ihren Unterlagen arbeiten ;) Ich selbst war auch oft in Rock und Bluse noch mit Laptop unterwegs, denn im Wohnheim gibt es zwar ein Lernzimmer, aber ideale Bedingungen sind es nicht.


In der ersten Woche gab es noch einige Wiederholungs-VL für Neuroanatomie, was sehr hilfreich war – wg. der Sprache und auch weil ich Neuroanatomie in der Vorklinik vor 5 (!) Jahren hatte. Dann ging es los mit der Struktur der nächsten Wochen: 2h Vorlesungen für den ganzen Jahrgang, dann 2h Fallstudien in Untergruppen à 12-15 Studenten. Nach der Mittagspause folgten Patientenvorstellungen ebenfalls in diesen Untergruppen und im Anschluss hat man im kleinen Team Patienten gesehen und für die nächste Vorstellung vorbereitet. Die Teams wurden von jeweils einem Medizinstudent aus Rochester betreut, die diesen Kurs als didaktisches Wahlfach belegt haben, nachdem sie in Rochester schon Neurologie abgeschlossen hatten. Für viele war das eine tolle Gelegenheit, zum ersten Mal nach Europa zu kommen, weswegen nicht alle zukünftige Neurologen waren, aber in jedem Fall sehr gute und engagierte Studenten. Die Untergruppen aus ca. 3-4 Teams wurden von drei Assistenzärzten betreut, bei mir waren das Rebecca, Jen und Jenie.

Dr. J’s Vorlesungen entsprachen Wort für Wort dem Skript und auch seine Witze, Anekdoten und Pausen sind genau die gleichen wie in den letzten 20 Jahren (haben mir die Studenten aus Rochester bestätigt). Die Assistenzärzte haben bei ihren Vorlesungen auflockernde Übergangsfolien eingebaut, oft zu ihrem Herkunftsort, und so habe ich neben Neurologie noch etwas über Rochester, Utah und Peru gesehen.

Am bereichernsten empfand ich die Fallstudien, die in Untergruppen besprochen und gelöst wurden. Dabei herrschte anfangs eine angespannte Atmosphäre, aber sobald man ein bisschen warm geworden war, hat man sich getraut Fragen zu stellen und sogar kleine Witze zu machen. Interessant fand ich dabei die sehr anatomische Vorgehensweise: Nach jedem Absatz hieß es erstmal: where does this localize to? Also, wo im Nervensystem liegt der Fehler? Genauso wurde auch bei den Patientenvorstellungen am Nachmittag vorgegangen, und so wurden wir letztlich sehr gut auf die Abschlussprüfung vorbereitet – gottseidank, denn sehr viel Zeit zum eigenständigen Lernen war neben den Präsenzzeiten nicht gegeben! Die zentrale NBME-Prüfung (national board of medical examiners), die wir an Tablets, auf denen wir von den USA aus dafür freigeschalten wurden, abgelegt haben, bestand nämlich aus sehr klinischen Fällen und Fragen. Die Abschlussnote wird dann zu Hälfte aus dieser Punktzahl, zur Hälfte aus den schriftlichen Evaluationen, die jeder Student von den Assistenzärzten der Gruppe erhält, zusammengesetzt.

Neben dem hohen Arbeitspensum war es auch sehr schön, jeden Tag mit der gleichen Gruppe zu verbringen und so echt nette Leute kennen zu lernen. Die Studenten aus Rochester waren oft mit uns unterwegs, z.B. gab es am Ende ein „social“, also ein kleines Abschiedstreffen mit allen, und am Tag der Prüfung hat ein Studentenpaar zur Feier in seine Wohnung eingeladen.

Eine intensive, sehr gewinnbringende Zeit! Neurologie hat mir auf jeden Fall Spaß gemacht und die Zusammenarbeit in unseren Studenten-Teams lief super, ich habe mich in dem Jahrgang richtig wohl gefühlt.

HNO

Donnerstag, 06.07.2017

 

Als letzten regulären Uni-Kurs hatte ich die ersten zwei Juni-Wochen HNO. Das war wieder mit den Norwegern  zusammen im 4. Jahr vom 6-Jahres-Programm. Dieses Mal kannte ich schon einige und außerdem waren noch  andere Erasmus-Studenten dabei, es war also eine ganz nette Truppe. Davon hat man allerdings nicht so viel gemerkt, denn es waren die letzten zwei Wochen des Semesters und alle waren mit Prüfungen beschäftigt – daher war die Anwesenheit wirklich gering. Wir hatten parallel zu den polnischen Studenten HNO und waren zeitlich nach ihnen (nachmittags) im bedside teaching/ OP eingeteilt – leider waren da die meisten OPs schon vorbei. Ich habe eine junge Ärztin gefragt und war dann an drei Vormittagen freiwillig im OP. Das war ziemlich cool! Ich habe eine Tracheotomie, Stapedotomie bei Otosklerose, eine transorale Kieferhöhlenoperation nach Caldwell-Luc (dort habe ich sogar Haken gehalten^^) und eine Tonsillektomie (beim Erwachsenen) gesehen. Anders als an der LMU gab es auch noch zwei Tage zur Zahnmedizin, die einen interessanten Einblick boten – aber leider nur aus Vorlesungen bestanden. Die Prüfung war machbar und schon war das Semester vorbei!

Das hieß auch, dass die meisten Studenten die Stadt verließen – sowohl die regulären als auch die Austausch-Studenten. Es gab also einige Abschiedsfeiern und „letzte Treffen“.

 

Danzig

Freitag, 14.07.2017

Ich hatte mir die Woche freigehalten und bin nach Danzig und Warschau gefahren.

Nach einigem Planungs-Hin und Her war ich schließlich alleine unterwegs und nachdem sich auf couchsurfing kein Gastgeber finden ließ, übernachtete ich in Danzig in einem Hostel.
Am Montag war der wärmste Tag seit langem und in Danzig angekommen bin ich erstmal zum Badeort Sopot weitergefahren. Dort habe ich einfach Meer und Strand genossen und entspannt. Das hat wirklich gut getan!

Am nächsten Tag bin ich gleich zum neuen Museum über den zweiten Weltkrieg gegangen, das seit seiner Eröffnung dieses Jahr schon politische Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat – für mich der Hauptgrund, jetzt nach Danzig zu kommen und es zu sehen! Zufälligerweise war am Dienstag freier Eintritt und nachdem ich 1,5h in der Schlange stand, konnte ich um 12:00 Uhr mit der Besichtigung beginnen. Ich hätte es vorher nicht gedacht, aber ich war bis zur Schließung um 19:00 Uhr noch nicht fertig mit der Ausstellung – es war wirklich gut gemacht!

Da ich nach zwei Tagen in Danzig noch kein einziges Mal durch die Stadt gegangen war, habe ich mich dagegen entschieden, Marienburg zu besichtigen und habe am Mittwoch an zwei free walking tours teilgenommen – und prompt meine Nachbarn aus dem Wohnheim in Krakau getroffen!


Danzig hat mir wirklich gut gefallen! Es ist sehr klein und übersichtlich, aber reich an Geschichte und Museen und hat durch Hafen und Meeresnähe ein sehr angenehmes Flair – wohl ähnlich wie andere Hansestädte in Deutschland.

 

 

Warschau

Sonntag, 06.08.2017

In Warschau habe ich in der Altstadt übernachtet, die nach beinahe kompletter Zerstörung 1945 wieder originalgetreu aufgebaut worden war. Wieder habe ich mit einer free walking tour begonnen und bin nach einer Stärkung in einer Milchbar zum Museum der Juden in Polen gegangen – zufälligerweise hatte ich wieder den Tag mit freien Eintritt erwischt :D. Ein tolles Museum, das vom Mittelalter bis in die Gegenwart führt. Es hat mir, wohl v.a. wegen des Themas, besser gefallen als das Museum zum Warschauer Aufstand 1944, das aber auch wirklich gut gemacht ist. Letzteres habe ich am nächsten Tag besichtigt und habe im Anschluss eine Freundin aus Krakau getroffen, die mit ihren Gästen aus der Heimat für einen Tag nach Warschau gekommen war. Zusammen haben wir den sozialistischen Protz-Bau „Palast der Künste und Wissenschaften“ besichtigt. Im Anschluss waren wir noch in den königlichen Gärten spazieren und haben nach einem Abstecher zum Flussufer mein Gepäck aus dem Hostel geholt, bevor wir zurück nach Krakau gefahren sind.
Mit Warschau als Stadt habe ich mich nicht auf den ersten Blick anfreunden können, aber v.a. die Gärten und die Flusspromenade, in deren Gegend die Uni-Gebäude sind, haben mir Warschau sympathischer gemacht. Für den Besucher sind v.a. die vielen Museen sehenswert!

 

Besuch, Krakau-Erkundungen und weitere Abschiede

Sonntag, 06.08.2017

Aus Warschau zurück bin ich in meine Bleibe für die letzten zwei Wochen eingezogen. Da das Wohnheim am 29. Juni für den Sommer schließt, habe ich mich bei einer Norwegerin eingemietet, die über den Sommer nicht in Krakau ist.
Am nächsten Tag kam schon Claudia an, die mich bis Dienstag besucht hat. Zusammen haben wir noch mehr von Krakau entdeckt und den Sommer in der Stadt genossen. Tatsächlich hatten wir uns seit ihrem Auslandsjahr in Mexiko nicht gesehen und hatten viel zu erzählen. Es war wirklich wunderschön!

 

Außerdem bin ich noch fast systematisch dabei, die Sehenswürdigkeiten in Krakau abzuklappern, die ich bisher noch nicht gesehen habe. Praktischerweise gibt es bei den meisten Museen einen Tag die Woche freien Eintritt, was ich bestmöglichst berücksichtige ;).
Letztlich war leider auch die Verabschiedung von meinen Mitbewohnerinnen gekommen. Das war wirklich so etwas wie meine Erasmus-Familie – wenn man auf so engem Raum zusammen wohnt, teilt man eigentlich alles. Ich bin wirklich froh, sie kennengelernt zu haben, und dankbar für die Zeit mit ihnen!

Breslau

Sonntag, 06.08.2017

Am nächsten Wochenende bin ich nach Breslau, auf polnisch Wrocław, gefahren. Eine wunderschöne Stadt!
Dieses Mal hat couchsurfing geklappt und ich bin bei der wirklich netten Urszula untergekommen. Sie hat mich sogar vom Busbahnhof abgeholt und mit mir gleich im Anschluss eine kleine Tour durchs nächtliche Breslau gemacht – Freitagabend war da wirklich viel los!
Leider ist sie am Samstag ziemlich krank geworden, so dass sie daheim geblieben ist, während ich die Stadt erkundet habe. Sie hat mir ihr Rad geliehen, was ich wirklich genossen habe! Wieder auf die bewährten free walking tours zurückgreifend habe ich erst Breslaus Street Art und im Anschluss die Altstadt kennen gelernt. Dabei habe ich nach Breslaus Zwergen Ausschau gehalten und einen Kaffee vom aktuellen Aeropress-Weltmeister getrunken.
Dann hatte ich noch Zeit für das Universitätsmuseum, das Panorama von Raclawice und einen kurzen Abstecher zur Jahrhunderthalle, bevor ich mich auf den Rückweg zu Urszula gemacht habe. Just auf der Strecke hat mich auf dem Rad ein kurzer, aber heftiger Regen durchnässt. Gottseidank war es nicht kalt und immerhin die Haare habe ich noch schnell föhnen können, bevor ich mich zum Bus nach Krakau aufgemacht habe.
Breslau ist wirklich schön! Etwas kleiner als Krakau hat es viel zu bieten und ist dabei etwas weniger trubelig – nach der ereignisreichen Zeit in Krakau kam mir das sehr angenehm vor.

 

Pädiatrie

Sonntag, 06.08.2017

In meinen letzten beiden Wochen habe ich ein Praktikum im Universitäts-Kinderklinikum in Prokocim gemacht. Das liegt örtlich wie Großhadern zu München und ebenso ähnlich sind auch die Pläne (NJUsletter, S. 11-13) der Uni: Nach und nach soll hier ein großer medizinischer Campus entstehen und die Institute, die momentan über die Innenstadt verstreut liegen, hier vereint werden.
Von meiner neuen Unterkunft konnte ich aber direkt in einen Bus steigen, der mich in nur 20 Minuten hin gebracht hat – und mir dafür jeden Tag den Blick von einer Weichselbrücke auf den Wawel geboten hat. Damit fängt der Tag schon mal gut an!
Ich war auf der Neugeborenen-Intensivstation (NICU) eingeteilt, über die ich von anderen Studenten schon Gutes gehört hatte. Tatsächlich werden die Studenten mit Vorliebe hier eingeteilt, und so habe ich auch gleich amerikanische Kommilitonen wiedergetroffen und auch noch zwei andere Studenten aus dem 6-Jahres-Programm kennen gelernt. Die waren allerdings jeweils nur kurze Zeit mit mir gleichzeitig da, und da die Ärzte gerade zusätzlich Arbeit von Kollegen im Urlaub übernehmen mussten, war nicht immer Zeit für mich. Da merkt man ganz schnell, wie uneigenständig man ist, wenn man die Sprache nicht kann – weder kann man bei Visite mithören, noch in der Kurve nachlesen, was der Patient eigentlich hat! Umso dankbarer war ich, wenn sich der zuständige Arzt die Zeit genommen hat, mir etwas zu erklären – und das war oft: Ich habe so viele spannende Sachen gesehen und natürlich leider auch schwerwiegende Diagnose mitbekommen, das waren sehr lehrreiche zwei Wochen für mich.

Besuch und Abschied

Sonntag, 06.08.2017

Über mein letztes Wochenende in Krakau hatte ich Besuch von Anna, was sehr schön war! So hatten wir ausreichend Gelegenheiten, mal wieder ausführlich zu quatschen und ich außerdem wenig Gelegenheit, ob der baldigen Abreise Trübsal zu blasen. Es war sowieso schon eine andere Stimmung in der Stadt – kaum noch Studenten vor Ort und damit natürlich nur noch wenige Kontakte für mich. Leider war das Wetter nicht mehr so hochsommerlich wie es schon mal gewesen war, sondern eher drückend schwül mit häufigen Regenschauern – Pläne, noch diverse Stadtstrände zu erkunden, fielen somit flach. Dafür habe ich jetzt wirklich eine große Anzahl an Sehenswürdigkeiten und Cafes in Krakau gesehen – selbst an meinem Abreisetag war ich noch in den beiden wichtigsten Kirchen der Stadt: die Wawelkathedrale und die Marienkirche.
Dieser Erasmusaufenthalt war für mich eine lohnende Erfahrung! Erstmal konnte ich bestimmte Fächer vertiefen und auf Englisch üben, dabei andere Herangehensweisen kennen lernen. Dann habe ich so viele internationale Studierende kennen gelernt, damit hatte ich vorher nicht gerechnet: Ägypter, Amerikaner, Australier, Bulgaren, Chinesen, Ecuadorianer, Engländer, Franzosen, Iraker, Italiener, Kanadier, Kirgisen, Kroaten, Mexikaner, Norweger, Polen, Portugiesen, Saudi-Arabier, Schweden, Slovaken, Slovenen, Spanier, Tschechen, Türken, Ukrainer, Ungarn… und dadurch sehr spannende Eindrücke erhalten. Außerdem habe ich es echt genossen, in einer Studentenstadt zu wohnen, wo man sich tagsüber in Cafes und abends in Kneipen trifft und immer irgendetwas geboten ist. Die unglaubliche Vielfalt an Kultur und Geschichte hat mich immer wieder aufs Neue fasziniert und mir klar gemacht, wie viel es noch zu entdecken gibt – in Polen, Zentral- und Osteuropa und natürlich der Welt :D
Wie heißt es so schön: Once Erasmus, Always Erasmus? Wir werden sehen, wohin mich das noch führt ;)